Rede des FDP-Fraktionsvorsitzenden Gerd Klaus im Rat der Stadt Laatzen am 21.12.2022 zum TOP 5: Haushaltsplan 2023
Sehr geehrte Frau Ratsvorsitzende,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Unternehmer Henry Ford hat einmal gesagt: „Wenn alles gegen dich zu laufen scheint, erinnere dich daran, dass das Flugzeug gegen den Wind abhebt, nicht mit ihm.“
Bei den Beratungen zum Haushaltsplan kam es mir dieses Jahr so vor, als ob vieles gegen uns gelaufen wäre. Wir sind in die Beratungen gestartet mit einem Defizit von ca. 20 Mio. Euro und sind heute nach der Veränderungsliste bei 23,5. Mio. im Finanzhaushalt gelandet. Ich frage mich, warum ist das so? Liegt das am allgemeinen Trend der Inflation oder haben wir zu viele Mehrausgaben gefordert, obwohl wir konsolidieren müssten? Oder sind es beide Entwicklungen, die sich zu einer Welle auf-geschaukelt haben?
Das Land sagt, beruhigt Euch, die Mehrausgaben für die Betreuung der Geflüchteten und die Pandemiekosten braucht ihr nicht einzusparen, aber zurückzahlen müssen wir diese Schul-den trotzdem. Sie schaffen auch nicht nur Werte, sondern wer-den zu großen Teilen konsumiert. Daher haben wir den Antrag 2022/298 zum Thema Kommunalfinanzen eingebracht, um deutlich zu machen, wie wir vom Bund und vom Land im Stich gelassen werden. Oder wird das Sofortprogramm der Landesregierung in Höhe von 970 Mio. Euro und die verschiedenen unmittelbaren und mittelbaren Entlastungen in Höhe von 2,01 Mrd. Euro durch das Land etwas an unserer Finanzmisere ändern?
Rechnet man aufgrund der Sonderregelungen heraus, dass die Aufwendungen für die Coronapandemie und die für die Unterbringung von Geflüchteten nicht in das Jahresergebnis einzubeziehen sind, dann sieht unser Fehlbetrag um 1,8 Mio. Euro besser aus. Diese Aufwendungen müssen Land und Bund der Stadt Laatzen mindestens erstatten, das wäre fair. Der verbleibende Fehlbetrag entsteht durch Aufwendungen in Pflicht-aufgaben wie die Investitionen in Einrichtungen für die Betreuung und Bildung von Kindern und Jugendlichen in Höhe von 45 Mio. Euro und die erforderlichen Investitionen für den Bau ab-gängiger städtischer Gebäude bis 2025 in Höhe von 57 Mio. Eu-ro.
Diese Ausgaben sind nötig, weil insbesondere Kinder aus sozialökonomisch benachteiligten Familien von guter Kita- und Schulqualität profitieren. Die Kluft zwischen den sozialen Schichten wäre ohne gute Kitas und Schulen wohl noch größer. Bildung ist und bleibt die Grundlage der Demokratie. Unser Land braucht Menschen, die selbständig und vernünftig entscheiden und sich nicht von Populisten verführen lassen. Bildung schafft die Basis für eine Bürgergesellschaft, in der Menschen Verantwortung übernehmen und damit die Grundlage für einen funktionierenden Staat schaffen.
Für diese Summen benötigen wir ausschließlich Kredite, die wir momentan nur durch Liquiditätskredite zurückzahlen können. Lassen uns dabei wie bisher das Land und der Bund hängen, um aus dieser Lage herauszukommen, werfen uns aber eine zu hohe Verschuldung vor? Einen anderen Weg aus diesem Dilemma gibt es nämlich nicht als die Hilfe von Land und Bund!
Die Zeiten der günstigen Zinsen sind vorbei! Die Zinswende kostet, wenn ich den Überblick behalten habe, für die Stadt Laatzen 2023 etwa 2,1 Mio. Euro mehr. Ohne, dass wir ein neues Bauvorhaben angestoßen hätten.
Was haben wir jedoch selbst zu verantworten?
Ich fange mit dem einfachsten an. Der Rat auf Antrag der FDP-Fraktion am 17.12.2009 beschlossene, die Folgekosten in den Beschlussdrucksachen mit Finanzwirkungen anzugeben (Drucksache Nr. 2012/021/6. Wann wurde dieser Beschluss zuletzt angewendet?
Die Veränderungsliste beim Stellenplan weist insgesamt etwa 19,4 Stellen mehr im Vergleich zum Verwaltungsentwurf vom 13.10.2022 aus. Einiges wie die Flüchtlingsfrage und ihre personelle Bewältigung ist erklärbar, aber brauchen wir plötzlich ei-ne Stelle für Sachbearbeitung besonderer Gefahrenlagen oder eine neue Stelle für Arbeitssicherheit? Sind die Büroarbeitsplätze im Rathaus gefährlicher geworden? Was wird eigentlich bei der neuen Stelle für Projektleitung bearbeitet? Wo und wann wird dem Rat eigentlich erläutert, worin eigentlich der zusätzliche Bedarf an 6,5 Stellen im Fachbereich 1 besteht? Übrigens laut Haushaltsplan ist dafür der Verwaltungsausschuss zuständig.
Braucht die Stadt Laatzen wirklich mehr Stellen an der Spitze des Verwaltungsapparates im Team Verwaltungsservice, braucht der Bürgermeister eine eigene Fahrbereitschaft, nach-dem es bisher auch ohne ging? Braucht die Stadt Laatzen dem-nächst wirklich einen neuen Wahlbeamten als dritten Stadtrat?
Gleichzeitig stellen wir im Arbeitsalltag der Teams im Rathaus fest, das mehrere Teams kaum arbeitsfähig sind und wichtige Aufgabe liegen bleiben. Wo bleibt eigentlich die Organisationshoheit des Bürgermeisters durch geeignete Maßnahmen die Lage rasch zu verbessern? Die Verbesserung der akuten Personalsituation im Rathaus ist genauso wichtig, wie finanziellen Verbesserungen beim Rathausneubau zu erreichen, sofern sie denn eintreten. Die einfache Lösung ist dabei eine neue Stelle zu schaffen, die schwierigere Lösung ist die strukturelle Veränderung bzw. Lösung personeller Probleme in der Verwaltung selbst.
Gewiss sind die Aufgaben der Stadt Laatzen in den letzten Jahren gewachsen, ob durch die Aufnahme von Geflüchteten und deren Kindern, durch die wachsende Bevölkerungszahl oder neue zugewiesene Landes- oder Bundesaufgaben, wie die Organisation des neuen Wohngeldes umzusetzen. Die Umsetzung der Klimawende erfordert ebenso mehr Anstrengungen und Initiativen. Von den Grünen und ihrem politischen Zuwachs in diesem Rat spüre ich allerdings wenig Beiträge zur Verbesserung der Klimalage in dieser Stadt. Der FDP-Antrag zur Beauftragung der Verwaltung, die energetische Bewirtschaftung der städtischen Liegenschaften auf eine nachhaltige ökologische und ökonomische Basis zu stellen wurde bisher nicht umgesetzt. Übrigens bevor sie jetzt alle nach diesem Antrag in ihrem Tablett suchen: er trägt die Drs. Nr. 2012/092 ist vom 25.03.2012
Welche Akzente setzt die FDP-Fraktion, obwohl es kaum mehr Gestaltungsmöglichkeiten gibt:
• wir erkennen, dass eine Haushaltskonsolidierung so gut wie nicht mehr möglich ist. Der Zuwachs kann nur so gut
es geht begrenzt werden. Und wir müssen weiterhin um eine Bedarfszuweisung wie in den letzten Jahren betteln.
• Die Erhöhung der investiven Mittel für einen Grunderwerb in Höhe von einer halben Million Euro halten wir für
unnötig, weil diese Mittel voraussichtlich nicht gebraucht werden. Das war schon letztes Jahr so. Ebenso die Mittel
für einen Neubau der Wohnimmobilie Blumenstr. 15 für Mietwohnungen. Dieses Vorhaben ist absolut zu teuer und
die Verwaltung hat zu Recht eine Instandsetzung verworfen und keine Mittel für einen Neubau eingesetzt.
• die FDP setzt auf andere Lösungen, um die personellen Probleme der Verwaltung zu lösen und nicht durch immer
mehr Personal an der Verwaltungsspitze zu kompensieren.
• die FDP setzt auf einen Neustart bei der Zukunft der Erwachsenen- und Jugendbildung durch eine Volkshochschu-
le. Die bisherige Lösung Leine –VHS hat ausgedient und muss neu organisiert werden, um die Aufgaben,
besonders der Integrationsförderung zu bewältigen. Dies muss unbedingt mit neuen Kooperationspartnern
erfolgen. Eine eigen-ständige Finanzierung dieser Aufgaben nur für Laatzen, lehnt die FDP als zu teuer ab.
Wir stellen uns auf viele Jahre mit Defizithaushalten ein. Dem Haushalt für 2023 können wir aus folgenden Gründen nicht zustimmen:
• die personelle Entwicklung der Verwaltung geht in die falsche Richtung
• einzelne, zu teurere Projekte auf den Weg gebracht wer-den wie z.B. eine Zwischenlösung für den Hort in Gleidin-
gen für 4,4 Mio. Euro
• zu viele neue Ideen und Projekte wie z.B. Mittel für Grundstückskäufe, eine Kaltsporthalle, der Erhalt der Dismer
Scheune oder die Gestaltung des Parks in Rethen werden aufgebracht, obwohl wir konsolidieren müssten, aber
nicht können
Was wir uns leisten können und was nicht, hat die Mehrheit in diesem Rat noch nicht verinnerlicht. Wir müssen es aber schmerzlich wegen der Zinswende lernen.
Allen Mitarbeitenden im Bereich Finanzverwaltung sprechen wir unseren Dank dafür aus, dass sie alle Zahlen trotz aller Einflüsse so fristgerecht und umfassend bearbeitet und zur Verfügung gestellt haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!