50 Jahre FDP-Stadtverband am 21.02.2023

Christian Dürr, Vors. FDP BT-Fraktion und Gerd Klaus, Vors. FDP-Stadtverband

Rede zum 50. Gründungsjubiläum des FDP-Stadtverbandes Laatzen am 21.02.2023 von Gerd Klaus

50 Jahre politische Aktivität der Liberalen in Laatzen und im Rat der Stadt wollen wir heute beleuchten. Da ist eine Menge geschehen. Viele Prominente aus der FDP hatten wir bei Veranstaltungen zu Gast:  den nds. Innenminister Rötger Groß, den Wirtschaftsminister und Staatssekretär aus dem Bundesumweltministerium Walther Hirche, den Europaminster Heinrich Jürgens, den Parteivorsitzenden und Vizekanzler Philipp Rösler, den Umweltminister Hans-Heinrich Sander, den Umweltminister Stefan Birkner, eine Reihe von Bundestagsabgeordneten wie Friedrich Wendig, Carl-Ludwig Thiele, Lisa Peters, Michael Goldmann, Patrick Döring, Claudia Winterstein, Andrew Ullmann und eine Reihe von Landtagsabgeordneten von Peter-Jürgen Rau bis Gesine Meißner, die auch dem Europaparla-ment angehörte. Mit der CDU zusammen begrüßten wir den ehemaligen Landtagspräsidenten Jürgen Gansäuer, die Bundesministerin Ursula von der Leyen, den Ministerpräsidenten David Mc Allister, den Europaabgeordneten Burkhard Balz. Mit vielen Institutionen und Firmen haben wir Veranstaltungen durchgeführt: Siemens, e.on, NILEG, ÜSTRA, Regiobus, Telekom, NDR, Madsack, VCD, ADFC, Gewerkschaften, LKA, Apothekerkammer, Landesrechnungshof und einige mehr, die sie aus unserer gedruckten Chronik entnehmen können.

Hervorheben aus den 50 Jahren möchte ich noch: unseren Beschluss auf den Verzicht auf Stellschilder bei den Wahlen 1980 und danach, die Gründung unseres liberalen Clubs, unsere Kulturbuffets, unsere jährlichen Dreikönigstreffen als Auftakt des politischen Lebens in Laatzen, die liberalen Familientreffen. Unsere Ratsmitglieder haben oft zusammen mit der CDU-Fraktion etwa 380 Anträge im Rat seit 1973 gestellt.
Die Krisen unserer Tage überlagern und verstärken sich gegen-seitig. Die Politiker und die Parteien auf allen Ebenen stellt das vor neue Herausforderungen. Dem möchte ich die Lage von 1973 gegenüberstellen. Hier einige Geschehnisse:

•    in einem Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit wird in einer 1972 veröffentlichten Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft berichtet, dass die Grenzen des Wachstums bald erreicht sein werden und das der Verbrauch natürlicher Ressourcen, das Wachstum der Bevölkerung und die Zerstörung der Umwelt sich gegenseitig beeinflussen
•    am 15. Januar blendet sich der Bayerische Rundfunk bei dem Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“, von Rosa von Praunheim aus dem gemeinsamen ARD-Programm aus
•    ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den USA und Nordvietnam kommt zustande
•    in Griechenland herrscht seit 1967 eine Militärdiktatur
•    am 3. April findet weltweit das erste Telefongespräch über ein Mobiltelefon statt
•    am 4. Juni wird der Geldautomat patentiert
•    am 11. September gibt es einen Militärputsch in Chile: Die demokratisch gewählte Regierung Salvador Allende fällt einem vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA initiierten und unterstützten Putsch unter der Führung Augusto Pinochets zum Opfer
•    am 6. Oktober beginnt der Jom-Kippur-Krieges im Nahen Osten, Ägypten und Syrien greifen auf den Golanhöhen und am Sueskanal die israelische Front an
•    am 16. Oktober beschließt die OPEC, den Ölpreis um 70 % anzuheben, damit beginnt die erste große Ölkrise
•    am 23. November beenden nach einem halben Jahr die Flug-lotsen in der Bundesrepublik Deutschland ihren Streik
•    Walther Scheel ist Vorsitzender der FDP

Was für ein Vergleich mit heute? Es ist also heute nicht das erste Mal, dass sich die Welt mit einer Ballung großer Herausforderungen auseinandersetzen muss.

Der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio schreibt dazu, dass eine offene Gesellschaft die überlegene ist, um mit solchen Krisen fertig zu werden. „Sie ist lernfähig und damit einer Diktatur oder Autokratie überlegen. Weiter sagt er: „In der Stunde der Not ist der Staat immer gefordert. Er ist ein Garant für Sicherheit, auch der Versorgungssicherheit. Dabei sollte man kluge und notwendige Ordnungspolitik von Dirigismus unter-scheiden. Wenn der Staat aber Angebot und Nachfrage durch Planvorgaben ersetzt, ist er aber nicht gut.“

Die aktuelle Kritik an der Bildungspolitik und der Qualität unserer Infrastruktur ist berechtigt. Daher müssen wir eine angebotsorientierte Politik im Sinne von Walter Eucken, Otto Graf Lambsdorf   oder Wolfgang Clement betreiben, um unser Wirtschaftsmodell zu erneuern. Eine Politik, die unsere Wachstumskräfte stärkt, indem die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Das bedeutet eine Reform des Einwanderungs-rechts, eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für bauliche Maßnahmen, Investitionen in die Infrastruktur unseres Landes, geringere Bürokratiekosten durch Digitalisierung, mehr Forschung, leistungsfähige Kapitalmärkte, bessere Betreuungs-angebote für Kinder und ein wettbewerbsfähiges Steuersystem.

Es geht darum, dass der Staat sich nicht immer weiter verschuldet, um durch eigene Nachfrage oder Subventionen Wachstum zu erreichen. Eine Wirtschaftspolitik auf Pump hat Grenzen.

Die Atmosphäre in Deutschland wird zunehmend ruppig. Da wird gern fundamental gedacht. Menschen nehmen sich das Recht heraus, so ziemlich alles „doch mal sagen zu dürfen“. Die anderen hängen so an ihrer Meinung, dass sie sich am Boden festkleben. Probleme löst man aber nur durch Argumente, durch Streit über und Offenheit für die Argumente auch der Gegenseite. Was aber, wenn sich eine Seite aller ihr entgegengesetzten Argumente widersetzt und diese nicht akzeptiert – also intolerant ist?

Dazu passt ein Gedanke von Karl Popper, den er schon zum Ende des zweiten Weltkrieges geschrieben hat. Uneingeschränkte Toleranz führt zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die unbeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen. Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht für uns in Anspruch nehmen, die Unduldsamen nicht zu dulden.

Der FDP geht es derzeit nicht gut. Wir sind in letzter Zeit aus zwei Landtagen geflogen. Welche Konsequenzen gilt es daraus zu ziehen? Das kann nach meiner Meinung nur eine programmatische Entwicklung des liberalen Gedankengutes sein, um den Entwicklungen der Gegenwart gerecht zu werden. Im Stadtverband, im Kreisverband, dem Landes- und Bundesverband müssen die Probleme der Bevölkerung und unseres Landes besser erkannt und Lösungen dazu erarbeitet und kommuniziert werden. Beispiele aus meine Sicht wären die Verbesserung der Lage der Pflegeversicherung, eine Erneuerung der Verkehrspolitik mit mehr CO2 Einsparungen, neue Lösungsansätze für die Kinderbildung im Kindergarten und den Schulen und die ganztägige Betreuung bei Bedarf, eine menschenfreundliche und nützliche Digitalisierung und weniger Bürokratie.

Das bedeutet die innerparteilichen Strukturen dahingehend zu verbessern, dass gewählte Vorstandsmitglieder sich mehr mit Sachpolitik beschäftigen müssen bzw. Mitglieder, die in Sach-fragen kompetent sind in die Vorstände zu bringen. Vorstände müssen sich Ziele setzen und im Kreis- und Landesverband sollten verstärkt fachliche Arbeitsgruppen gefordert und gefördert werden. Im Stadtverbandsvorstand Laatzen gibt es auch Vorschläge, wieder mehr mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Mitglied der FDP zu sein, darf nicht nur be-deuten Beiträge zu zahlen, sondern heißt auch sich aktiv in die politische Arbeit einzubringen.

Unsere Gründungsmitglieder haben 1973 diese Aktivitäten stärker als heute gezeigt. Davon können Sie sich beim Durchblättern unserer Chronik und beim Betrachten der laufenden Präsentation überzeugen.